Berliner Musikschulpreis 2018

Der Berliner Musikschulpreis 2018 ging an Susanne Schmidt

Susanne Schmidt mit Chris Berghäuser

Was ich gerade spiele, ist meine Lieblingsmusik“

Gespräch mit Cellolehrerin Susanne Schmidt von der Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf / Sie ist Trägerin des Berliner Musikschulpreises 2018

Susanne Schmidt ist am 14. Oktober 2018 vom Berliner Musikschulbündnis mit dem Berliner Musikschulpreis 2018 ausgezeichnet worden. Mit der Cellolehrerin an der Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf sprach Musikschulbündnis-Mitglied Michael Gabel.

Frau Schmidt, wie sind Sie zu Ihrem Instrument gekommen?
Durch meine Klavierlehrerin. Eines Tages hat sie mir gesagt, Cello würde gut zu mir passen und sie hätte auch eine Lehrerin für mich. Erst war Cello mein Nebenfach, dann hat es aber ganz schnell das Klavier überholt.

Was hat Ihnen am Cello so gut gefallen?
Der runde, warme Klang. Und dann bin ich vom Typ her nicht die virtuose Geigerin, sondern liebe es, im Quartett zu spielen und dort der Bass zu sein.

Meine Tochter hat mir aufgegeben, Sie zu fragen, ob es auch Cellistenwitze gibt, so wie es jede Menge Witze über Bratscher gibt.
Ich kenne leider keinen. Ich frage alle möglichen Leute, ob sie mir nicht mal einen schönen Witz über Cellisten erzählen können. Aber es gibt anscheinend keine.

Was versuchen Sie Ihren Schülern mit auf den Weg zu geben?
Es sind viele Dinge. Mir ist es immer wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen von Anfang an mit anderen zusammenspielen, schon als Anfänger. Cello ist ein wunderbares Kammermusikinstrument – deshalb leite ich auch immer Kammerensembles und Celloensembles. Ich möchte mit meinem Unterricht aber auch erreichen, dass die Schüler lernen, Auftrittsängste zu überwinden, dass sie eine gute Körpersprache entwickeln, dass sie Selbstbewusstsein haben und dass sie Situationen annehmen, egal, ob sie ein Referat halten oder ein Bewerbungsgespräch haben. Alle Schüler können vom Unterricht profitieren, nicht nur die, die am Ende vielleicht Musik studieren. Wichtig ist mir aber auch, dass die Schüler nicht meinen, dass sie untereinander in einem Konkurrenzverhältnis stehen, sondern dass sie sich gegenseitig zuhören und sich Tipps geben.

Was halten Sie von Wettbewerben wie „Jugend musiziert“?
Ich halte sehr viel davon, habe auch schon Schüler hingeschickt und bin auch mal in der Jury gewesen. Aber solche Wettbewerbe sind nicht mein Schwerpunkt.

Hatten Sie auch Schüler, die später Musiker geworden sind?
Ja, zwar nicht mit Hauptfach Cello. Aber es waren welche dabei, die Schulmusiker geworden sind oder Tonmeister.

Wenn Sie einen Schüler haben, der nicht übt, wie begeistern Sie den?
Ich versuche rauszukriegen, welche Musikrichtung ihm oder ihr gefällt – Filmmusik, Swing, Pop, da gibt es viele Sachen. Ich frage dann, welchen Film schaust Du gerade, welche Musik hörst Du? Mir geht es darum herauszubekommen, was ein Schüler mit dem Cello will und welchen Platz das Instrument in seinem Leben hat. Manchmal befinden sich Jugendliche gerade in der Schule in einer Prüfungssituation oder es gibt Probleme in der Familie, da leidet natürlich das Üben. Wenn es aber eine Dauergeschichte ist oder wenn jemand auch im Unterricht keine Lust hat, dann versuche ich Absprachen zu treffen und sage, wir versuchen es noch ein Vierteljahr und dann schauen wir mal. Motivation und Üben ist ein großes Thema. Bei manchen Schülern bin ich froh, wenn sie zweimal die Woche üben. Ein Problem ist auch, dass die Kinder und Jugendlichen heute auch nachmittags Schule haben und mit vielen anderen Dingen belastet sind.

Sind die Schüler heute abgelenkter als früher?
Ja. Sie sitzen mehr am Computer, spielen an ihrem Handy. Das führt auch dazu, dass viele Verspannungen haben. Außerdem leiden sie unter Bewegungsmangel. Das soll nicht heißen, dass früher alles besser war. Dass es solche Entwicklungen gibt, ist normal. Schüler sagen heute auch viel schneller mal ab, weil man ja bequem eine SMS schicken kann. Manchen fällt es auch nicht leicht, sich auf ein Orchester einzulassen, mit dem man zu Probenwochenenden fährt – weil sie das Gefühl haben, dass sie zu Hause etwas verpassen würden. Die Bereitschaft, sich wirklich reinzuklemmen, ist oft nicht mehr vorhanden. Mit den Kindern mache ich manchmal richtig Übepläne und frage sie, wann hast Du Zeit zu üben, nach dem Abendessen, vor dem Zähneputzen?

Hat Musik für Kinder und Jugendliche noch die Bedeutung wie früher?
Das schon. Aber mancher kommt mit Stöpseln in den Ohren zum Unterricht und macht sofort danach die Stöpsel wieder rein. Vom Unterricht klingt dann wenig nach. Dabei wäre es schöner, wenn man mit der Melodie, die man gerade noch im Ohr hat, in die U-Bahn einsteigt.

Ist Klassik für die Musikschüler noch wichtig?
Für manche ja. Aber das sind Ausnahmen. Die Kollegen und ich leiden ein bisschen darunter, dass die Schüler so selten in unsere Konzerte gehen. Früher war es normaler zu sagen, ich will wissen, wie mein Lehrer spielt. Wie macht er das, was er von mir verlangt, und was kommt musikalisch rüber?

Sie sind nicht festangestellt, sondern arbeiten seit 1985 als Honorarkraft. Wie empfinden Sie den Umgang mit den Musikschulen von Seiten der Berliner Landespolitik?
Ich habe das Gefühl, dass wir in den vergangenen Jahren unheimlich viel gekämpft haben. Unser Hauptproblem ist die Unsicherheit. Dass ich freiberuflich bin, merke ich jetzt mit zunehmendem Alter, wo ich nicht mehr täglich Vollgas geben kann und auch mal mit den Schülern, die ich habe, intensiver zusammenarbeiten möchte. Ich würde mit ihnen gern öfter mal übers Wochenende zum gemeinsamen Musizieren verreisen. Das habe ich bisher auch mehrere Jahre lang, teilweise mit Kollegen zusammen, unentgeltlich gemacht und dafür 80 bis 100 Stunden an Vorbereitung reingesteckt. Das geht heute nicht mehr. Krank werden sollte man sowieso nicht. Toll ist es aber, dass es in Berlin jetzt wieder mehr Festanstellungen gibt. Auch wenn ich selbst nichts davon habe, ist es doch insgesamt eine schöne Entwicklung. Der Weg, den die Musikschulen derzeit nehmen, scheint mir gut zu sein. Und an unserer Musikschule herrscht sowieso eine ganz tolle Atmosphäre.

Immerhin nehmen Sie sich viel Zeit für Ihr Celloensemble „Arconauten“, das Sie leiten und mit dem Sie regelmäßig auftreten.
Ja. Das gemeinsame Musizieren macht mir sehr viel Spaß. Jetzt, im November, haben wir unser Jubiläumskonzert zum 25-jährigen Bestehen. Dass es uns heute noch gibt, liegt zu einem großen Teil an den jährlich statt findenden Wochenendfahrten ins Berliner Umland, bei denen Freundschaften entstehen.

Sie spielen mit Ihren Schülern und den „Arconauten“ Werke vom 17. Jahrhundert bis heute. Was ist Ihre ganz persönliche Lieblingsmusik? Haben Sie einen Lieblingskomponisten, eine Lieblingskomponistin?
Für mich ist immer das, was ich gerade spiele, meine Lieblingsmusik. Ich Moment spiele ich z. B. ein Schubert-Quintett und genieße es. Oder begeistere mich für eine Sonate von Martinu . Ich habe zuletzt auch beim Oratorium „Elias“ von Mendelssohn-Bartholdy mitgespielt, und das war eine sehr berührende Aufführung. Aber eine spezielle Lieblingsmusik, nein, die habe ich nicht.

Zur Person:
Susanne Schmidt ist seit 1985 Cellolehrerin, zunächst an der Musikschule Wilmersdorf, seit der Fusion an der Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf. Die gebürtige Karlsruherin hat an der damaligen Hochschule der Künste (heute Universität der Künste) in Berlin studiert. Die Mutter von 18-jährigen Zwillingen gründete 1993 das Ensemble „Arconauten“, das hauptsächlich aus ihren aktuellen und ehemaligen Celloschülern besteht. Zusätzlich hat sie verschiedene wechselnde Ensembles aus ihrer Celloklasse heraus gegründet und betreut, wie zum Beispiel die Bogenfrösche, Saitenraupen, Amicelli und aktuell das Piazzetta-Quartett.
Regelmäßig tritt sie selber in verschiedenen Kammermusikbesetzungen auf.

Michael Gabel ist Gründungsmitglied des „Bündnisses zur Förderung der Berliner Musikschule(n)“ und Vorsitzender des Freundeskreises der Musikschule „Béla Bartók“, Standort Prenzlauer Berg.

Auch im Jahr 2019 ist eine Verleihung geplant.

Vorschläge können ab sofort geschickt oder gemailt werden:

Bündnis zur Förderung der öffentlichen Berliner Musikschulen e.V.
Am Schlosspark 20
13187 Berlin

E-Mail: musikschulbuendnis@gmail.com

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